Ursprünglich hatten die über 800 ha der ehemaligen Griesheimer Gemarkung „Griesheimer Sand“ Dünencharakter, dessen Steppenrasenvegetation heute nur noch in Teilen erhalten sind und unter Naturschutz stehen. Im Mittelalter wurde hier Wein angebaut, später gab es Kräuteranbau und Samenhandel.
1874 verpachtet Griesheim einen Teil des Geländes an das königlich-preußische Kriegsministerium für einen Artillerieschießplatz für die 11. Artilleriebrigade. Dadurch verändert sich das Gebiet- Gebäude, Pferdeställe, Lagerräume, Schießstände entstehen, die heutige Flughafenstraße und Jahnstraße werden erschlossen, über ein Nebengleis ist das Gebiet sogar an die Dampfstraßenbahn Darmstadt-Griesheim angebunden. Auf dem „Griesheimer Sand“ ist das 1. Großherzoglich Hessischen Feldartillerie-Regiments Nr. 25 beheimatet.
Mit Neugestaltung des Pachtvertrages 1908/1909 erhält August Euler ein Mitnutzungsrecht,
das Militär richtet einen Flugplatz ein.
Schon in den Jahren davor erfolgen hier Versuche mit
bemannten Gasballons.
Euler gelingen erfolgreich Flugversuche, welche als Pionierleistung
gelten. Somit wird erstmals in Deutschland ein Gelände zum Zweck des geregelten Flugverkehrs genutzt- es ist der erste Flugplatz!
1910 erwirbt Euler als erster Deutscher das internationale Flugzeugführerpatent.
Im Oktober 1910 stellt August Euler den Deutschen Rekord im Distanzdauerflug auf dem "Griesheimer Sand" auf. Auch der Bruder des Deutschen
Kaisers, Prinz Heinrich, absolviert bei August Euler seine Flugausbildung.
Die TH Darmstadt erhält 1911 einen Lehrauftrag für Luftschifffahrt.
1912 eröffnet August Euler den Flugplatz Frankfurt und verlagert einige seiner Aktivitäten dorthin. In diesem Jahr wird die erste amtlich genehmigte Luftpostbeförderung auf der Strecke
Frankfurt-Darmstadt-Worms-Mainz-Frankfurt mit Eulers Flugmaschine Nr. 33 (Gelber Hund) durchgeführt.
1912
wird die „Fliegerstation Griesheim“ von der preussischen Armee eingerichtet, 1913 entsteht eine Fliegerhalle, ein Jahr später sind dort mehr als 50 Maschinen der Fliegertruppe und eine
Reparaturwerkstatt untergebracht. Flugtage werden durchgeführt, auch an Zuverlässigkeitswettbewerben für deutsche Flugzeuge wird der Flugplatz beteiligt. Aber auch Unfälle und Abstürze werden
verzeichnet.
Das Gelände dient zu dieser Zeit auch zur Infanterie-Ausbildung und als Munitionslager, ab 1914 entstehen Baracken für ein Kriegsgefangenenlager, dass 10.000 Gefangene fassen kann und nicht lange
nach Kriegsausbruch 1915 schon voll belegt ist. Nach dem 1. Weltkrieg dient das Gelände noch als Durchgangslager für zurückkehrende deutsche Soldaten und wird dann von den französischen Besatzern
genutzt als Militärlager mit Truppenübungsplatz (Camp de Griesheim).
1930 landet das Luftschiff Graf Zeppelin drei Mal auf diesem Gelände.
Nach der französischen Besatzungszeit ist der Flugplatz Griesheim eine Hochburg des Segelflugs und der Luftfahrtforschung. 1932 zieht die Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) von der
Wasserkuppe hierher. Diese gehört zu den Pionieren der Luftfahrttechnik (1941 in „Forschungsanstalt Ernst Udet“ umbenannt). 1934 erfolgt die Verlagerung des zwischenzeitlich entstandenen
Verkehrsflughafen auf der Lichtwiese in Darmstadt auf den Griesheimer Sand unter der Bezeichnung Flughafen Darmstadt.
Die TH Darmstadt, die auch vorher den Platz schon für Forschungszwecke nutzen kann, errichtete 1935/36 einen Windkanal.
Ab
1936 beginnen Ausbildungskurse der Luftwaffe auf dem Flugplatz Griesheim, im Jahr drauf eröffnet die Ingenieurschule für Luftfahrt.
1937 erfolgt die zwangsweise Eingemeindung des Truppenübungs- und Militärflugplatzes Griesheim nach Darmstadt.
1939 zieht die DFS ab, die Herstellung von Segelflugzeugen bleibt am Ort (Jacobs-Schweyer Flugzeugbau GmbH; es gab hier auch Zwangsarbeiter). Im 2. Weltkrieg wird er Einsatzflughafen der Wehrmacht mit Forschung und Flugzeugproduktion. Es erfolgen auch Versuche mit Düsenflugzeugen. 1940, 1943 und 1944 treffen alliierte Bomben die Anlagen, zuletzt mit schweren Schäden. Anlagenteile werden gegen Ende des Krieges durch die Wehrmacht gesprengt.
Nach
dem Krieg wird der Flugplatz und der Truppenübungsplatz von den amerikanischen Truppen konfisziert und zum "Griesheim Army Airfield". In der Nehringstraße entsteht eine typisch amerikanische
Wohnsiedlung. Die „Civilian Support Organisation“ entwickelt sich auf einem Teil des Geländes. Diese Einheiten unterstützen bei Überwachung, Transport, Hoch -oder Tiefbau.
Ab 1949 ist hier auch der Sitz der „European Edition“ der Zeitschrift „Stars and Stripes“ der amerikanischen Truppen, mit einer Auflage bis zu 100.000 Exemplaren. Nach Einbruch der Auflagenzahl
wird das Team 2008 nach Karlsruhe umgelagert.
In
den 60er Jahren, im „Kalten Krieg“, werden auf dem Gelände Flugabwehrraketen stationiert, die auch atomwaffenfähig sind. 1985 werden diese abgezogen.
1980 wird das Areal, das auch für kleinere Flugveranstaltungen genutzt wird, in „August-Euler-Flugplatz“ benannt.
Bis 1992
sind hier verschiedene US-Rettungshubschrauber-Einheiten stationiert (auch 72nd Liaison Squadron).
Von 1924 bis 1992 wird der Platz auch von 2 Fliegervereinen genutzt- den „Hessenfliegern“, die sich 1924 in Darmstadt gründen und dem „Darmstadt Flying Club“, der 1961 von US-Offizieren ins Leben
gerufen wird. Heute sind diese in Egelsbach zuhause.
1992
zieht die amerikanischen Armee vom "Griesheimer Sand" ab.
Der Windkanal der TU Darmstadt ist das einzige alte, heute unter Denkmalschutz stehende Gebäude, das auf dem ehemaligen Flughafengelände noch genutzt wird.
Weite Flächen des Geländes sind nun Naturschutzgebiet, ein kleines Luftfahrtmuseum, das vom 2005 gegründeten "Förderverein August Euler Luftfahrtmuseum e.V." betrieben wird, befindet sich
dort.
Quellen: Norbert Leber, Heimatverein Griesheim, Förderverein August Euler, Wikipedia, Darmstädter Echo,
Flyer „Damals Autrefois Then- ein Rundgang durch das Griesheimer Militärgelände"
Kleiner Rundgang im August-Euler-Museum in 360°
(mit Smartphones auf youTube
ansehen)
2007 erfolgt im Einvernehmen zwischen Herrn Oberbürgermeister Walter Hoffmann und Bürgermeister Norbert Leber eine Grenzregulierung zwischen Griesheim und Darmstadt, die zu einer logischeren Zuordnung der Geländeteile führte.
Am 30. /31. August 2008 findet, organisiert durch die TU in Kooperation mit den Städten
Darmstadt und Griesheim sowie dem Förderverein eine Jubiläumsfeier mit einer außergewöhnlichen Flugschau statt unter dem Motto: "100 Jahre August-Euler-Flugplatz" statt, die mit historischen
Flugzeugen einen großen überregionalen Erfolg und Zuspruch findet.
Die zerfallenen Gebäude des ehem. Kasernengeländes wurden durch die
Entwicklungsgesellschaft der Stadt Griesheim abgerissen, das Gelände wird überplant (Baugebiet "Griesheimer Anger")
Ehemalige Wohnhäuser der amerikanischen Soldaten und eine alte Haltestelle.
Abriss der alten Militärgebäude Herbst 2021 bis Frühjahr 2023
Diese alten Bilder zeigen die Gebäude, wie sie früher aussahen.
-> Förderverein August-Euler-Flugplatz
-> Informationen der Stadt Griesheim zum Neubaugebiet
-> Informationen der Stadtentwicklungsgesellschaft Griesheim